Hosen,

Schnittkonstruktion. Ein eigener Hosenschnitt. Teil 5: Erkenntnis.

12:56 Deepak Kumar 11 Comments

Die Frage ist und bleibt: Warum paßt die Hose nicht, obwohl alle meine Maße richtig sind?

Die Antwort ist einfach: Es liegt an der Abweichung von der sogenannten" Normalfigur".

Die Lösung: Individuell die Paßform bei jedem neuen Schnitt anpassen.


Ja, das ist nicht schön und ich hatte mir ursprünglich von meinem so schön errechneten Schnitt erhofft, daß er paßt und alle meine künftigen Hosenprobleme löst. Das bleibt aber wohl ein Wunschtraum.
Als wirklichen Gewinn aus meiner eigenen Schnittkonstruktion sehe ich für mich, daß ich verstanden habe, woran es liegt, daß eine Hose Falten wirft usw.

Aber nun der Reihe nach:
Alle Schnittmuster werden auf Basis der sogenannten "Normalfigur" berechnet. So habe ich auch gerechnet.

 Diese "Normalfigur" wird so gesehen, wie die menschlichen Körperproportionen am ehesten wohl aussehen sollen ( Hach, hab ich das schön formuliert ;-)...).Weicht ein Körper in Länge und Breite davon ab, haben wir Sondergrößen. Wir kennen das von den Maßtabellen.

Paßt meine Hose nun trotz aller richtig berechneten und gemessenen Maße immer noch nicht, so liegt das an meiner ganz individuellen Körperform.

Ich habe versucht, euch das kurz zu skizzieren:

Bei allen drei Figuren sind der Taillen- und Hüftumfang gleich. 
Wenn man das so sieht, dann wird plötzlich klar, daß, wenn die Hüfte breiter ist bei gleichem Hüftumfang an anderer Stelle weniger ist, nämlich am Po. Man spricht dann vom flachen Gesäß. Ich habe eine breite Hüfte, und so also ein flaches Gesäß. 
Ist die Hüfte schmaler als bei der Normalfigur, dann gleicht sich der Hüftumfang logischerweise am Po aus. 
Eigentlich ganz einfach.

Legt man diesen Figurquerschnitt auf einen Hosenschnitt, so kann man auch gut erkennen, wo bei welcher Figurform der Schnitt geändert werden muß.


Nun werde ich euch noch meinen selbstkonstruierten Schnitt am lebenden Objekt, nämlich mir, zeigen.

Um das nachfolgend genannte zu verstehen, sollte man noch einmal ein Blick in diesen Post werfen,denn da ist das ganze Dilemma, daß zu der häßlichen Hose im ersten Bild geführt hat, kurz erklärt. Naja, und ihr wollt ja ehrliche Bilder , oder???
Fotograf war übrigens mein Sohn mit dem Zitat: "Eh Mama, das kannste aber nicht anziehen!!!"


Die links abgebildete Hose war nach dem "Kuchenbrettschnitt" entstanden. Grauenhaft.
Welche Abweichungen sich da ergaben, könnt ihr auf dem nächsten Bild sehen, denn  ich hatte zum Vergleich  den ursprünglichen Schnitt auf den nun auf Rasterpapier exakt gezeichneten Schnitt gelegt. Mich wundert die schlechte Paßform nicht. Euch?

Gut, also wie gesagt, den Schnitt nochmal gezeichnet, neuen Stoff genommen und neue Probehose genäht.
Voila! Geht doch!
Der Stoff der Probehose ist ein sehr steifer etwas elasthischer Jeansstoff, deshalb auch die großen Falten.
Bei einem anderen Stoff wäre die Hose sicher anders gefallen. 
Ich lerne daraus: Die Paßform hängt nicht nur von der Nicht-Normalfigur ab sondern auch vom Stoff.
Und : Die Paßform unterhalb der Hüftlinie hängt auch sehr wesentlich von der Weite der Hosenbeine ab.
Aber hierauf gehe ich jetzt nicht weiter ein, das wäre "Schreib"-Stoff für einen weiteren Hosen-Post.


Das Problem bei mir skizziert:



Mein Fazit:

Das Konstruieren einer Hose mit den eigenen Maßen kann durchaus sinnvoll sein, wenn man eine "Problemfigur" hat, die sehr weit von den Standardmaßen abweicht.
Ich habe während des Rechnens und Herumprobierens gelernt, wie sich der Schnitt, später der Stoff, um meinen Körper legt. Das war lehr- und hilfreich.

Eine weitere Hose außer dieser Probehose werde ich nicht nähen, denn dieser Schnitt gefällt mir nicht. Ich kann nun einen Kaufschnitt nehmen und meinen "Maßschnitt" auflegen und vergleichen. Vielleicht sehe ich ja nun schon eher, wo Änderungen nötig sein könnten.

Falls jemand meine gesamte eigene Schnittkonstruktion nachlesen möchte, dann hier klicken.



11 comments:

  1. Susan,
    deine Erläuterungen, und vor allen Dingen deine Illustrationen sind grosse Klasse! Habe mir das gleich mal gepinnt.

    Liebe Grüße
    Immi

    Ps: Gefällt dir diese Hose jetzt eigentlich nicht wegen der Silhouette?

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    1. Schön, wenns dir gefällt.
      Ich finde, die Hose ist in der Form altbacken. Ich müte jetzt den Bund weiter unten ansetzen und auch die Beinform etwas ändern. Da hab ich - momentan - keine Lust dazu. Mir gefällt ein Voque-Schnittmuster sehr gut. Aber dazu ein anderes Mal.

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  2. Liebe Susan! Wow, toll was Du da zusammen gestellt hast. Das steckt viel Arbeit und viel Wissen drin!
    Das mit den gleicher Umfang unterschiedliche Hüfte/Po Form kenne ich schon - ich bin die Grüne-Form:)
    Auch die Nahtkurve im Schritt ist mir auch schon bekannt. Übrigens, diese wird auch ruck zuck gemacht. Als der Maßanzug von meinem Mann fertig war, war dort auch eine Falte, der Mann hat nur eine kleine Stecknadel quer gesetzt und die Hose wurde zur Scheiderin weitergereicht. Keine zwei Min. später hatten wir die und es passte! Da war ich sehr beeindruckt und habe das zu Hause nachgeforscht. Es ist genau das, was Du hier so schön aufgezeichnet hast. Ich weiß theoretisch schon viel über Hosen nähen, aber habe noch noch keine genäht. Ich brauche eine weiße Jeans. Den Stoff habe ich schon und den Schnitt auch, aber ich habe ein Problem. Der Stoff ist dehnbar und ich würde gern ein Probestück nähen, doch Nessel ist nicht dehnbar. Hast Du da ein Rat? Und noch eine Frage, hast Du Bücher für all die Grundschnitte verwendet? Wenn ja, welche kannst Du weiter Empfehlen. Schönes Wochenende & liebe Grüße, Anita

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    1. Für eine Probehose wuerde ich immer einen vergleichbaren Stoff verwenden. Vielleicht ist das aber auch nicht nötig. Ich weiß es nicht! Bücher habe ich ganz viele, vor allem auch alte. Daraus lese ich das eine oder andere und dann versuche ich das anzuwenden. MIt einer Empfehlung tue ich mich ein bißchen schwer , kann dir aber gerne mal eine Mail schicken.

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    2. Himmel ich habe nicht damit gerechnet, dass du VIELE Bücher hast. Ich habe überlegt das Buch Grundschnitte von Guido Hofenbitzer oder Teresa Gilewska zu kaufen. Aber viele Köche verderben das Essen. Also habe ich noch keines gekauft. Hast Du eines davon?

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  3. Skaliert? Meinst du wegen der Linien auf der verunglückten ersten Hose? Das sind Linien, die ich mit Kugelschreiber auf den Stoff gezeichnet hatte, weil ich ganz genau sehen wollte, wo ich dann die Änderungen auf den Papierschnitt übertragen muß. Ich verwende kein teures Programm, sondern habe alles per Hand gezeichnet, dafür brauchte ich auch das Rasterpapier.

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  4. Ich bin sehr beeindruckt, von der Arbeit die du dir machst und finde deine Erkenntnisse auch sehr lehrreich. Ich hoffe ja immer noch ich komme mit einem Standardschnitt zum Ziel.
    Viele Grüße
    Sylvia

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    1. Danke Sylvia.
      Ich denke mittlerweile, daß es mit einem Standardhosenschnitt auch gut geht. Du hast ja auch eine normale Figur.

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  5. Von dem Gedanken, DEN ultimativen Hosengrundschnitt zu besitzen, musste ich mich auch verabschieden. Auch wenn es jetzt mal geklappt hat, meinen Grundschnitt auf einen neuen Schnitt zu legen, aber das lag wohl daran, dass sich die Schnitte relativ ähnlich waren, und dass ich auch mehr oder weniger den gleichen Stoff verwendet habe.
    Ich weiß noch nicht, ob es mich dieses Hosenthema erfüllt. Glaube, eher nicht. Es wird mir alles zu theoretisch, zu viel Getüftel, zu wenig Erfolgserlebnisse.
    Liebe Grüße, Sandra

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  6. Da hast du dir viel Arbeit gemacht und sehr anschaulich erklärt, woran es hakt und ich habe einiges dazugelernt. Jetzt bin ich gespannt, wie du mit deinem Kaufschnitt zurecht kommst.
    LG von Susanne

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  7. Vielen Dank, dass Du uns an Deinem Wissen teilhaben lässt. Alles so genau zu beschreiben, ist enorm viel Arbeit. Ich werde es auch mal ausprobieren. Für den HosenHerbst habe ich erstmal einen Kaufschnitt verwendet.
    LG
    Eva

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